September 17, 2008
Voraussichtliche Gesamtstrecke:
Vertikaldistanz: ca. 15.910 Höhenmeter im Aufstieg
Horizontaldistanz: ca. 297,85 Kilometer
1. Etappe:RUHPOLDING (D) – ST. ULRICH AM PILLERSEE (A) Vertikaldistanz: 1223 Höhenmeter im Aufstieg, 1034 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 37.68 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 5 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
2. Etappe:ST. ULRICH AM PILLERSEE (A) – MITTERSILL (A) Vertikaldistanz: 2794 Höhenmeter im Aufstieg, 2856 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 48,56 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 7,5 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
3. Etappe:MITTERSILL (A) – NEUKIRCHEN AM GROSSVENEDIGER (A) Vertikaldistanz: 1504 Höhenmeter im Aufstieg, 1417 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 27,66 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 4 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
4. Etappe:NEUKIRCHEN AM GROSSVENEDIGER (A) – PRETTAU/AHRNTAL (I) Vertikaldistanz: 2051 Höhenmeter im Aufstieg, 1457 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 46,22 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 6,5 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
5. Etappe:PRETTAU/AHRNTAL (I) – SAND IN TAUFERS (I) Vertikaldistanz: 1447 Höhenmeter im Aufstieg, 2048 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 36,82 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 5 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
6. Etappe:SAND IN TAUFERS (I) – ANTHOLZ-MITTERTAL (I) Vertikaldistanz: 1983 Höhenmeter im Aufstieg, 1612 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 24,83 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 4,5 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
7. Etappe:ANTHOLZ-MITTERTAL (I) – NIEDERDORF IM PUSTERTAL (I) Vertikaldistanz: 2788 Höhenmeter im Aufstieg, 2870 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 42,195 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 7 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
8. Etappe:NIEDERDORF IM PUSTERTAL (I) – SEXTEN (I) Vertikaldistanz: 2120 Höhenmeter im Aufstieg, 1969 Höhenmeter im Abstieg. Horizontaldistanz: 33,88 Kilometer. Ø Zeitbedarf: ca. 5,5 Stunden (10 km/Stunde horizontal, 600 Hm/Stunde vertikal). | ||
Tag 1: Ruhpolding – St. Ulrich am Pillersee
Samstag, 30. August 2008
Vertikaldistanz:
1223 Höhenmeter im Aufstieg
1034 Höhenmeter im Abstieg.
Horizontaldistanz:
37.68 Kilometer
Unsere Laufzeit:
4 Std 00′
Rang: 8 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser,
Wiedersehen
Gestern Abend war wirklich schön, viele altbekannte Gesichter des letztjährigen GTR zu sehen. Kurt kennt noch einige mehr, da er schon seit Anfang jeden GTR gelaufen ist, also deren 4 mit diesem. Ein grosses Hallo überall. Was bestätigt, dass Trailrunner und Bergläufer während diesen Tagen tatsächlich zu einer eingeschworenen Gemeinschaft werden.
Gut geschlafen
Heute Nacht war eine richtig gute Nacht: Um neun Uhr in den Schlafsack (herrlich – seit Monaten nicht mehr da gewesen) und dann hopp und weg. Kurt und ich haben uns entschlossen draussen zu schlafen, da das Athletencamp für unseren Geschmack ein bisschen wenig frische Luft zu bieten hatte. Richtig erholt haben uns die Vögel um 5.30h wach gezwitschert und die ersten blinzelnden Sonnenstrahlen des Tages verkünden wunderschönes Wetter. Aber warm, heiss, so richtig ziemlich heiss wie sich später noch raus stellen sollte.
.. ins Rennen
Da der Start erst auf 11h angesetzt war, konnten Kurt und ich in aller Ruhe unsere Taschen und Rennrucksack packen, umpacken, auspacken, nochmals packen, wieder packen – „wo sind denn nun wieder die Ärmlinge?“ – also noch mal auspacken und so weiter und so fort…. Dieses Prozedere ist am ersten Tag immer ziemlich zeitaufwändig bis sich die Normalität des täglichen Packens eingestellt hat. So vergeht die Zeit bis zum Start.
„Keep on Running“ und gutes altes „Highway to Hell“
Genau diese Songs verkünden den Start des Transalpine Run…. gewohnt wie letztes Jahr. Und nun ist der ersehnte Moment da: Start zum GTR 08. Kurt und ich nehmen den Start gemütlich Das vordere Feld zieht in einem Hammertempo davon. Im Ziel hören wir, dass die Spitze der Männer in einem 3.20-Schnitt pro Minute und Kilometer in der Fläche gerannt sind. Absoluter Wahnsinn. Wir laufen so ca. in einem knappen 5-Minutenschnitt.
Endlich laufen!
Letzte Woche habe ich trainingsmässig sehr wenig gemacht und ich habe mich in den letzten Tagen fast selbst nicht mehr aushalten können. Kurt nimmt’s da cooler. So ist es nun ein erlösender Moment, endlich davonzuziehen. Laufen und zwar 8 Tage lang. Und so ziemlich lang… und steil. Auf geht’s! Aber olàlà, meine Beine fühlen sich an wie Blei und ich habe das Gefühl, dass mein Fahrgestell eingerostet ist in der letzten Woche. Die ersten 10km sind flach, ich habe das Gefühl, nicht wirklich in die Gänge zu kommen. Langsam wird’s aber besser – und warum wohl? Es geht endlich ein klein wenig bergauf. Vorerst aber blos so leicht voralpenmässig, noch nicht so die Berghänge hinauf. Wir freuen uns darauf.
Unser Tempo – oder nicht?
Kurt und ich laufen unser Tempo. Meine Beine werden langsam lockerer und ich habe den Eindruck, dass wir vernünftig unterwegs sind. Den Anstieg machen wir leichtfüssig, rollen aber trotzdem andere schnell auf. Vielleicht nützen uns da unsere Bergheimatorte doch – Kurt im Oberwallis und ich im Unterengadin – hoch geht’s an beiden Orten… Bei der heutigen „Einrolletappe“ geht’s allerdings lediglich 1200hm hinauf. Fast ein Klacks – verglichen mit dem was uns das Höhenprofil für die nächsten Tage verspricht. Der Abstieg ist wie gewohnt nicht unser Lieblingsding. Wir gehen ziemlich sachte den steilen Singletrail runter. Unten im Talboden wartet dann die Gluthitze, wie in einem Backofen. Zum Glück sind die letzten 10km z.T. noch im Schatten, da „glöpft’s eim fascht wäg“ (=”wurde es ein wenig sehr warm” für nicht Deutschschweizer).
Die letzten Kilometer werden wegen der Hitze ein wenig zur Qual. Trinken, trinken, trinken ist angesagt. Ich weiss gar nicht, wo wir das hintun, denn ich verschwand nur einmal hinter einem Baum, Kurt keinmal.
Grosse Überraschung – und ein klein wenig irritiert
Als Kurt und ich nach genau 4 Stunden und 37.68km ins Ziel kommen, erfahren wir dass wir auf den 8. Rang der Kategorie Mixed gelaufen sind. Wir sind ziemlich erstaunt, überrascht und es irritiert uns, denn das Mixed-Feld ist äusserst stark besetzt. Haben wir überzockt? Ich hoffe nein, meine Beine sagen eigentlich auch nein. Das Rätsel bleibt.
Zwei Schreckensmomente im Ziel
In der “Läuferlounge” in die Liegestühle liegen, die Füsse ins Wassersprudelbad strecken und ein eisgekühltes, alkoholfreies Bier die Kehle runter leeren… nur meines schmeckte anders. Zum Glück setze ich früh genug wieder ab, denn mein Bier war definitiv nicht alkoholfrei. Falsche Eischranktüre. Ich hol mir also ein anderes, besser so. Der zweite Schreck kommt, als Kurt und ich ins Camp wollen: Wo sind meine Laufschuhe inklusive Socken? In der Runnerslounge hat jemand meine Schuhe mit seinen verwechselt. Meine haben aber Grösse UK 4, was so ungefähr einer grösseren Kindergrösse entspricht, also nicht zwingend für jeden gebräuchlich. So werden meine Schuhe später wieder zum Speaker gebracht. Kleiner Adrenalinstoss für mich. Aber Ende gut, alles gut.
Lang, hart, steil, früh – und mit einem enormen Respekt auf unserer Seite…
…das wird die morgige Etappe sein. 48.56km, 6 Steigungen mit gesamt 2794m Vertikalaufstieg – und nun kommt der definitive Killer-Hammer: 2856 Höhenmeter Abstieg. Ein Rätsel mehr. Mamma -mia!, wir haben einen Mordsrespekt. Das wird wirklich lang und hart. Los gehen wird’s um 7h in der Früh. Heute ist frühes Schlafen wiederum angesagt. Frische Luft ist genügend da… und wir werden morgen vor den Vögeln tagwach machen.
Tag 2: St. Ulrich am Pillersee – Mittersill
Sonntag, 31. August 2008
Vertikaldistanz:
2794 Höhenmeter im Aufstieg
2856 Höhenmeter im Abstieg
Horizontaldistanz:
48.56 Kilometer
Unsere Laufzeit:
7 Std 09′ (Total 11 Std 10′)
Tages-Rang: 6 (Mixed Teams)
Total-Rang: 8 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser,
Früh auf
4.45h ging’s heute los. Aber da ich gestern wiederum früh in den Schlafsack gekrochen bin, war das ziemlich nach unserem Geschmack: Früh runter und früh auf. Geschlafen habe ich ultra gut: Auf einer Kinderspielwiese neben einem Bach, dessen Rauschen einem die ganze Nacht begleitet hat. So bin ich doch ziemlich ausgeruht. Das Streckenbriefing habe ich ausgelassen und habe mich so eingestellt: Wenn’s hoch geht, dann ist es halt so und wenn runter, dann halt auch. Kurt war aber beim Briefing dabei und ist streckenmässig bestens vorbereitet. Er hält dem femininen Chaotismus entgegen.
Endlich in die Berge! Mit Pokerface
Nach einer 10km-Einrollstrecke kommen sie dann endlich: Die Berge, die richtigen. Und endlich werden die Wege steinig und matschig. Ich mag das. Das fühlt sich irgendwie so nach draussen an. Pur. Ich bin froh, das „Flachlandgeeiere“ (nichts gegen alle, die gerne flach laufen) hinter uns lassen zu können. Flach rennen ist nichts mehr für mich. Um es vorweg zu nehmen: Ich bin noch nie so weit gerannt wie heute. Das längste war ein Marathon. Kurt hat da massenweise Erfahrung in diesen Distanzen. Ich hab da gepokert mit Euch: Ich dachte, mal besser nichts sagen. Es kommt dann schon, wie’s kommt. Nun ging’s also endlich hoch. Bergtrails, anspruchsvolles Gelände und Hammer-Landschaft. Wenn ich die gleiche Distanz flach rennen müsste, hätte ich gar keine Freude, aber stellt man mir ein paar Berge dazwischen wird’s unheimlich gut, fantastisch sogar.
Unser Rennen – und Kurt und ich sind halt Bergler anscheinend
Kurt und ich machen unser Rennen. Schön im Rhythmus und beständig. Das gestrige Zittern nach dem baldigen Einlauf ins Ziel erweist sich heute als nichtig: Wir sind gut unterwegs, ganz in unserem Renntempo. Die anderen sind uns Wurscht. Trotzdem machen wir anscheinend ein flottes Tempo, denn wir reihen uns in den eher schon zügigen Männer-Teams ein. Und wenn’s rauf geht, sind die Kurt und mir zu langsam. Da es heute viel rauf geht, geht es uns richtig gut. Aber enorm heiss ist es. Ich trinke wie ein Kamel und Bergbäche werden zur willkommenen Abkühlung. Kurt mag auch eher kühles Wetter – wir sind halt eben Bergler. Aber wir schlagen uns gut und trotzen der Hitze.
Runter, aber Falllinie
So sind die knapp 3000hm rauf schon hinter uns und die 1800hm runter auch schon. 43km auch. Und nun kommen zum Dessert noch 1200hm in der Fallinie zum Ziel runter. Es ist jedes Mal der Knaller. Unheimlich ungeliebt von Kurt und mir. Aber auch das bringen wir mit stoischer Ruhe hinter uns.
Nach der Königsetappe im Ziel
Ich mache es kurz: Kurt und ich sind in der heutigen Königsetappe auf den 6. Rang unter den Mixedteams gelaufen und konnten mit den vorderen Männerteams mithalten. Das Frauen-Gewinnerteam haben wir gestern um 5 Minuten distanziert und heute um 10 Minuten. Also bleibt doch wieder eine gewisse Irritation: Es geht uns gut. Mir sogar besser als gestern.
Aber sind wir im richtigen Fahrplan? Nun wir werden es rausfinden. Morgen, Übermorgen, oder auch später.
Des Rätsels Lösung?
Warum Kurt und ich dort laufen können, wo wir laufen, könnte mehrere Gründe haben. Kurt’s Erfahrung – er ist unverwüstlich. Bei mir: Ich bin letzte Woche fast durchgedreht ohne Bewegung. Nun tut es einfach unheimlich gut zu laufen. Ich zieh mir die Landschaft rein – durch und durch. Und dann läuft es einfach. Ein weiterer Grund könnte auch der Besuch meines Bruders sein, der Chiropraktiker ist und zurzeit in Kanada praktiziert. Nun war er vor einer Woche in den Ferien zu Hause in der Schweiz und hat mich dann „durchgemecht“. Die monatelange Arbeit hat ihren Tribut gefordert an meinem Körper und Verspannungen und Blockaden haben sich eingeschlichen. Mein Bruder Tobi kannte beim behandeln kein Erbarmen und knackte mich durch. Das zeigte heute Wirkung – meine Muskelansätze sind fast butterweich, einzig die Muskulatur vom Runterlaufen meldet sich. Aber ertragbar.
Zufrieden – weiter geht’s
Kurt und ich sind zufrieden. Die 6. Rangierung freut uns, ist aber nebensächlich. Wichtig ist, dass wir uns locker fühlen, das Ganze geniessen und Humor walten lassen können. Die Landschaft ist ebenfalls ein wichtiger Teil des Erlebnisses für uns beide. Wir saugen die Bergbäche, Bergübergänge und den Berg-Oregano rein. Durch und durch. Was ist es herrlich zu laufen!
Morgen warten 27, 66km und 1504 hm im Aufstieg auf uns sowie 1417hm runter. Auch da müssen wir wieder nach Fahrplan gehen – nämlich nach unserem Körpergefühl. Wir freuen uns auf den Anstieg, das flache Einlaufen nehmen wir zur Kenntnis (10km Asphalt, not our choice) und das Runterlaufen – so be it.
Bis morgen. Herzlichst,
Kurt und Fränzi
Tag 3: Mittersill – Neukirchen am Grossvenediger
Montag, 1. September 2008
Vertikaldistanz
1504 Höhenmeter im Aufstieg
1417 Höhenmeter im Abstieg
Horizontaldistanz:
27.66 Kilometer
Unsere Laufzeit:
3 Std 37′ (Total 14 Std 47′)
Tages-Rang: 8 (Mixed Teams)
Total-Rang: 9 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser,
Wetterglück, aber auch eine Vorahnung – nicht meteorologisch
Wiederum hatten Kurt und ich draussen geschlafen. Zum Glück hatte es ein Überdach, denn es hat schon beim Eindunkeln gewittert. So blieben wir schön trocken. Mir schwante schon beim Aufstehen etwas: Heute würde nicht mein Tag sein. Kennt ihr das? Ihr steht auf und denkt, hm, heute ist nur Café trinken. War aber bei uns nicht drin.
Kopfarbeit gefragt
Die ersten 10km einlaufen auf Asphalt waren umso härter. Meine Beine fühlten sich wie Matsch an. Bergauf wurde es auch nicht besser. Der Aufstieg führte durch eine Traum-Landschaft mit herrlichstem Panorama. Da es mir wirklich nicht rollte und sogar das Bergauflaufen heute nicht so laufen wollte, war nun wirklich Kopfarbeit gefragt: Negative Gedanken weglassen und sich auf das konzentrieren, was einem durchs Auge auch Kraft gibt: Die Landschaft wurde so nicht nur zum schönen Ausblick, sondern auch zur mentalen Aufladung. Ich versuchte, alles, was nicht ging zu vergessen und das reinzunehmen, was gut tut. So kamen Kurt und ich oben auf dem Wildkofel an – und schau da, runter ging’s dann wieder recht ordentlich. Da soll noch einer drauskommen. Kurt lief es business as usual.
Gut geschlafen
Nach der Zielankunft habe ich mir drei Portionen Bratkartoffeln in den Bauch gelöffelt – die Müdigkeit hatte heute auch ungemein viel Kraft und Energie gekostet, die mein Körper nun wieder verlangte. Im Camp angekommen habe ich mir die Beine massiert, um sie die heutigen Qualen ein wenig besser vergessen zu lassen. Und dann in den Schlafsack. Wohlig warm – denn es hatte nun nach der Hitze angefangen zu regnen – und bin für 1.5 Stunden ins Sandmännchenland abgedriftet. Hat saumässig gut getan. Fühle mich nun ein wenig besser.
Wieder rauf auf den Berg
… geht’s heute nochmals, aber nicht zu Fuss sondern zur Pasta-Party per Gondelbahn auf die Skistation von Neunkirchen am Grossvenediger. Deshalb ist die Zeit schon wieder eng und ich verabschiede mich nun. Denn morgen wartet wieder eine super lange Etappe über 46km mit 2000hm. Start um 7h. Hoffentlich mit besseren Beinen als heute.
Herzlichst, Kurt und Fränzi
Tag 4: Neukirchen am Grossvenediger – Prettau/Ahrntal
Dienstag, 2. September 2008
Vertikaldistanz:
2051 Höhenmeter im Aufstieg
1457 Höhenmeter im Abstieg
Horizontaldistanz:
46.22 Kilometer
Unsere Laufzeit:
5 Std 43′ (Total 20 Std. 31′)
Tages-Rang: 9 (Mixed Teams)
Total-Rang: 8 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser
Harte Wade und wenig Schreibzeit
Ich habe heute eine steinharte rechte Wade und will mich deren widmen bzw. auf die Zähne beissen und sie ausmassieren. Deshalb machen Kurt und ich Job-Sharing und er übernimmt heute das Schreiben des Tagesberichtes. Auch einmal eine gute Variante, um das Ganze aus seiner Sicht zu sehen. Meine Wade wird es danken….
‚Deckelwetter’ – angenehme Lauftemperaturen
Nach dem gestrigen Niederschlag war die Nacht angenehm kühl zum draussen schlafen. Alles andere als eine Tropennacht. Tagwache um 5h und kurzer Fussmarsch zum Frühstück. Schlangestehen zum Kaffee. Im Gegensatz zum Vortag gab es auch Kaffee für die zweite und dritte Tasse.
Frühstück
Es gibt Läufer, da staunen wir, was die vor einem langen Lauf wie heute alles hineinstopfen: Powerdrink, Birchermüesli, Flocken, Milch, Käse, Schinken, Wurst, Konfitüre, Butter, Semmeln. Fränzi hält sich da noch eher an die sportliche Küche ohne Schniggschnagg: Brot und Käse, ein wenig Früchte und Schwarztee. Das obligate Käse-Schinkensandwich für Distanzen über 30km wird auch am Tisch präpariert
Ich mache mir meist aus zwei oberbayrisch-österreichisch-südtirolerischen Industriesemmeln zwei eingeklemmte Brote. Wobei die ganze Sache zwischen den Broten eine wichtige Position einnimmt: meist mehrere Schichten Scheibkäse und mehrere Lagen Wurst. Dazu mehrere Tassen schwarzen gesüssten Kaffee und bei grossem Durst am frühen Morgen auch noch 2-3 Becher Fruchtsaft.
Verpflegungsstationen
Auf den längeren Tagesetappen gibt es 2-3 Verpflegungs- und Kontrollstationen. Das Angebot ist riesig: Dörrfrüchte, Kekse (richtig oberbayrisch-österreich-südtirolerische Kuchen), Bananen, Orangenschnitze. Dazu noch Wasser und isotonische Getränke. Bei kalten Temperaturen auf Bestellung vor Ort auch Bouillon. Da Fränzi auf den längeren Strecken gerne auch was Währschafteres nimmt, greift sie dann zu ihren Sandwiches – gegessen beim Bergablaufen über Hüttensteige wohlgemerkt. An Flüssigem führen wir mit: 8 dl Wasser und 3 dl Kohlehydratlösung bei Fränzi, 8 dl verdünnt Isotonisches für mich. Fränzi führt weiteres noch in einer kleinen Dose Salz mit. Bei heissen Temperaturen wie die drei ersten Tage wird an den Verpflegungsstationen jeweils aufgefüllt.
Route
Wir haben heute früh ‚Deckelwetter’. So wird in den Laufrucksack auch noch ein Wärmegilet für Fränzi eingepackt. Nach langen 10 km Asphalt durchs Oberpinzgau klettern wir steil bei den Krimmler Fällen in ein Hochtal hoch. Das Hochtal will und will nicht enden. Es stehen immer noch 800 Höhenmeter an, wann kommen denn die endlich? Im Talabschluss kommen Gletscherzungen in Sicht, wo gehen wir da durch? Plötzlich bei einer Alphütte steil abzweigend geht es hoch. Es verbleiben immer noch 700 Höhenmeter! In Serpentinen erklimmt wir Höhenmeter um Höhenmeter. Auf der Birnlücke sind wir auf 2’669 Seehöhe im dichten Nebel, Fränzi braucht das Wärmegilet. Wenn ich nicht anhalte, brauche ich keine Jacke – deshalb wird die Gilet-Übergabe wie das Essen auch im Laufschritt gemacht. Nach der Lücke kurz waagrecht traversieren und dann steil in Serpentinen wieder runter. Italienische Treppe: riesenhohe Tritte, dazu noch unregelmässig. Wir vertilgen Meter um Meter. Nach der grössten Gefällsstufe verbleiben uns immer noch 500 Höhenmeter. Und 9 km. Endet das nie? Auf Forststrasse lange Kilometer rauf, jetzt wieder lange Kilometer Forststrasse runter. Nein! Bald dürfen wir auf Wiesenwegen alten Suonen entlang Richtung Prettau laufen. Die letzten Kilometer auf der Talstrasse sind nicht unser Ding, Geduld braucht’s alledem.
Zielankunft
Nach dem Zieleinlauf sofort wieder die ‚Batterien’ laden. Die nächste Etappe kommt bestimmt. Nach 1-2 alkoholfreiem Bier ist vorerst der Durst gestillt. Gegen den Hunger gehen wir unterschiedlich vor: meist gibt’s Trockenfrüchte, heute gab’s sogar Rohschinkenbrote, Topfenkolatschen (Quarkgebäck) und Waffeln. Und jeden Tag um 18 Uhr wieder Pasta- Party.
Schuhe, Socken und Blasen
Neben guten Beinen braucht’s ja auch Schuhe und Socken. Blasen sind eher unbeliebt, sind aber nicht immer – wunschgemäss – vermeidbar. Irgendwie hat’s mich nun erwischt. Nach einem frühen Besuch beim Rescue-Team waren meine grossen Zehen heute eingepflastert. Am Nachmittag wurde sorgsam entfernt. Morgen früh ist tapen rundum alle Fünf links und rechts angesagt. Fränzi’s Füssen geht es blendend, aber dafür hat’s die Wade erwischt.
Day by Day
Hallo. Hallo – bin wieder zurück vom Waden-Massieren. Bin hoch erfreut, dass Kurt den Bericht verfasst hat. Denn die langen Kilometer hinterlassen neben muskulären Spuren auch eine grosse Müdigkeit. Aber eben, Morgen ist morgen. Und allen anderen geht es nicht anders. Wir nehmen die nächste Etappe so wie es kommt. Aber erst morgen.
Herzlichst, Kurt und Fränzi
Tag 5: Prettau/Ahrntal – Sand in Taufers
Mittwoch, 3. September 2008
Vertikaldistanz:
1477 Höhenmeter im Aufstieg
2048 Höhenmeter im Abstieg
Horizontaldistanz:
36.82 Kilometer
Unsere Laufzeit:
4 Std 17′ (Total 24 Std 49′)
Tages-Rang: 8 (Mixed Teams)
Total-Rang: 8 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser,
Nacht im Lastwagen und Wade so weit ok
Diese Nacht haben Kurt und ich neben anderen in einem der Gepäcklastwagen verbracht. Meine Wade hat sich wieder einigermassen erholt, aber ich weiss noch nicht, wie es ihr beim Laufen ergehen wird. Da heute 24km Asphalt – ich meine ASPHALT – anstehen (und schönerweise diese auch noch mehrheitlich runter) war mir doch nicht so geheuer zu Mute, wie das denn rauskommen sollte.
Massage und Rückzug – von 500 anderen
Gestern hatte ich neben der Wadenmassage wirklich das Bedürfnis, mich zurück zu ziehen. So habe ich mir zwei Stühle des Ausstellers Polar geschnappt (einer noch, um die Füsse raufzustellen), habe mich hinter den Camper- und Caravantross gestohlen und habe da in der Abendsonne die Ruhe für mich genossen. Solche „Down-Zeit“ ist enorm wichtig beim GTR: Vom Aufstehen an bis zum Wiedereinstieg in den Schlafsack ist ein Gerenn. Denn davon haben wir ja eigentlich noch gar nicht gesprochen, dass sich hier knapp 500 Leute zusammen verschieben: Ob zum Schlafen, ob zum Essen, um aufs WC zu gehen, zum Duschen – na ja, da geht’s noch, denn die sind meist eiskalt und da mag eigentlich niemand so richtig lange drunter sein – oder beim Check-in. Geduld und antizyklisches Verhalten ist angesagt: „Wie mache ich das gleiche wie die 500 anderen, ohne mit ihnen zu gehen?“ Kurt und ich sind hier langsam wahre Meister des Antizyklismuses.
Verstehen ohne Worte
In der Dusche sitzen dann eine Londonerin und ich auf der Ablagebank wie zwei Häufchen. Ziemlich genudelt, aber wir unterhalten uns über dies und das und geniessen den doch so skurril scheinenden Augenblick. Zum Ende unserer Unterhaltung sagt sie, was uns beiden im Kopf steht: „Well, now I have to lay down for a veeeeeeeeeeeeeeeery long time.“ Späterer Stunde sehe ich sie auf einer Steinmauer ihren Powernap machen. Sie öffnet nur kurz die Augen und sieht mich an: Es verbindet uns in diesem Moment unheimlich viel und wir verstehen uns, ohne nur ein Wort zu wechseln. GTR ist doch auch neben dem Laufen einfach schön.
Easy rangehen
Heute ist ganz klar: Wegen meiner Wade müssen Kurt und ich ruhig an das ganze rangehen. Zu gross ist die Gefahr, dass meine Wade wieder „zupackt“. Wenn wir sagen „easy“, dann bedeutet dies immer noch einen 4½-Minutenschnitt und kein Gewackele. Es ist eigentlich unglaublich, mit was für einem Tempo die erste Hälfte des Trosses unterwegs ist.
Flach und runter – und wenig bergauf
Heute hätte ich den Streckenchef fast verwurschteln können: So viel Asphalt laufen, gerade, runter, ein wenig hinauf und dann wieder runter. Meine Wade beginnt sich langsam aber sicher wieder zusammen zu ziehen. Diese Muskelbeschwerden kommen also definitiv vom Flachlandgeeiere, was ich einfach nicht mehr gewohnt bin. Doch endlich – das Leiden scheint zu enden: Wir kommen an den Fuss des „Speikboden“. Jetzt mal rauf. Ein schön steiler Singletrail – welch’ Freude, welch’ Herrlichkeit. Sobald es steil rauf geht machen Kurt und ich auch Boden wieder gut: Team um Team können wir hinter uns lassen, denn beim runter gehen haben wir auch einige Plätze verloren. Doch die Freude über den Anstieg verblasst schon ziemlich schnell wieder. Denn der Anstieg endet wieder in einer leicht steigenden Forststrasse bis oben. Denn nun halt. Vor dem Abstieg sende ich ein Stossgebet zum Himmel, dass kein breiter Forstweg oder sogar Asphalt uns erwarten wird. Und siehe da – Wunder geschehen: Ein super schöner Singletrail (die Biker würden sich die Finger lecken) auf relativ weichem Waldboden. Jeeeha. Doch diese Etappe ist definitiv etwas für „Flachländer“.
Spanischer Schnellzug
Auch beim Runterlaufen lassen Kurt und ich wiederum Vernunft walten und brettern nicht wie die Hirnlosen runter. Hinter uns kommen aber ziemlich schnell die Spanier (von welchen es an diesem GTR nur so zu wimmeln scheint). Der spanische Schnellzug braust mit ungeheurem Tempo an uns vorbei. Mir drückt’s nur schon beim Zusehen fast die Kniescheibe raus.
Gut angekommen – Kopf gut
Trotz ziemlichem Respekt, was denn nun so heute rauskommen wird, sind Kurt und ich gut in Sand in Taufers angekommen. Die Wade ist immer noch da und wieder härter zum Schluss, aber die wird halt nochmals unter „die Finger“ genommen. Das wird gehen. Das wichtigste: Der Kopf ist gut – und dessen Rolle wird nun immer wie grösser.
Viele raus
Es ist heute nun schon der 5. Tag des GTR und dieser zeigt langsam seine Spuren. Ungefähr 40 Teams sind schon raus: Verletzt, überfordert, ermüdet, am Ende. Sogar das letztjährige Mixed-Siegerteam hat’s heute erwischt.
Morgen endlich mal wieder so richtig rauf?
Unsere Streckenvorliebe wird ev. morgen kommen, denn das Höhenprofil verspricht satte 2000hm auf „nur“ 24km Distanz – die kürzeste Etappe dieses GTRs. Natürlich wird’s auch runter gehen. Ausgerechnet haben wir gut 200hm pro 100m. Also steil. Aber bergig. Und alpin. Schön.
Herzlichst, Kurt und Fränzi
Tag 6: Sand in Taufers – Antholz-Mittertal
Donnerstag, 4. September 2008
Vertikaldistanz:
1983 Höhenmeter im Aufstieg
1612 Höhenmeter im Abstieg
Horizontaldistanz:
24.83 Kilometer
Unsere Laufzeit:
4 Std 01′ (Total 28 Std 50′)
Tages-Rang: 8 (Mixed Teams)
Total-Rang: 7 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser,
Wasser – von überall
Der heutige Tag sollte vom Wasser geprägt sein: In der Nacht hat es herunter gekübelt. Kurt und ich sind froh, wiederum die Variante „Gepäck-Lastwagen“als Nächtigungsvariante den Vorzug gegeben zu haben. Die Ladeluke steht offen – so sind Frischluft und „Outdoor-Feeling“ trotzdem garantiert. Das erste Viertel der Laufstrecke war heute eine Wildwasser-Sache vom Feinsten: Gestern sind wir schon der Ahrn entlang gelaufen und der heutige Bach steht dieser nicht minder nach: Kehrwasser erster Sahne ohne Ende. Wer Kajaker ist, weiss, was ich meine. Mich würde es auch gelüsten, aber bei uns steht ja laufen an. Und dies ziemlich gut satt heute.
Einige Vorkehrungen und Happenings vor dem Start
Kurt muss heute vor dem Start noch zum Rescue-Team: Seine kleine Zehe am linken Fuss schaut nicht gut drein und ist entzündet. Zugsalbe wird da helfen. Auch sonst sind seine Füsse etwas mitgenommen. Aber auch hier: Sogar hart gesottene Läufer wie Kurt leiden am GTR. Deshalb geht Kurt einmal vor zum Start. Ich suche noch ein WC in einem Restaurant auf. Da kommt mir auf dem Gang zum WC ein kleiner Hund entgegen. Und das sollte meinen Tag wiederum prägen.
Ein Geben und Nehmen – oder….
Geben und Nehmen ist was Zentrales am GTR: Als mir ein vom letzten GTR bekannter Läufer aus Venezuela über seine harten Beine klagt, gebe ich ihm gerne von meiner altbekannt-berüchtigten Pferdecrème zur Massage. Die ist eigentlich für Rennpferde, aber was diesen teuren Pferderennbeinen gut tut, tut es den unseren ebenso. Der Veterinär lässt grüssen. Am vorletzten Tag (die 4. Etappe) hatte ich einen Riesen-Hänger, als meine Wade auf den letzten 10km fast zu zerspringen droht. Im Ziel war ich ja dann völlig erschöpft und ausgelaugt. Da kommt der gleiche Venezuelaner und setzt sich neben mich und redet mir gut zu. Er ist für einen Moment einfach da für mich. Unglaublich wertvoll, dieser Moment.
…. auf den Hund gekommen
Aber nun die Geschichte mit dem Hund: Hier muss ich sagen, dass neben dem Laufen auch Hunde einen grossen Platz in meinem Leben einnehmen – natürlich aber erst nach den mir eng stehende Menschen. So ist mein bester, treuerster und erfahrenster Trainingspartner der Bordercollie Asco, welcher mit uns auf dem Bauernhof in Scuol lebt. Wir gehen durch dick und dünn wir beide. Und so manche Höhenmeter haben wir gemeinsam erklommen. Und Asco heisst wie ein richtiger Hund und hat auch so richtig viel Hund an sich. Ich meine, da ist was dran. Der kleine Hund vom Restaurant ist ein Terrier. Mit viel weniger Hund dran, aber ungemein lieb. So begrüssen wir uns zwei und er beginnt mich abzuschnüffeln. Zuerst Schuhe, dann Knöchel und dann bleibt er an der Wade hängen. Nicht irgendeine Wade – DIE Wade. Die mit dem Hinkelstein drin – so jedenfalls fühlt sich der verhärtete Muskelstrang an. Er beginnt die Wade an genau am Ort der Verhärtung abzuschlecken. Er weiss genau, was da unter der Haut ist. Ich bin ganz gerührt über so viel Bekümmertheit und Einfühlsamkeit. Nachdem er meine Wade „bearbeitet“ hat, kraule ich ihm den Bauch bis er vor Wöhle nur noch grunzt. Auch hier: Ein Geben und Nehmen.
Alpin – wunderschön
Die heutige Etappe war der Knaller, wow, so voll gut. So richtig Trail Running und Berglaufen. Hügeliges Einlaufen mit 800hm und dann ab an die 1200m Steigung in einem Schnurpf – rein in alpines Gelände (endlich!) und rein in die Felsen. Was ist Berglaufen schön. Unglaublich, atemberaubend schön. Vor dem Passübergang sinkt die Temperatur mit dem Wind-Chill nahe null Grad. In der Kälte brauche ich unheimlich viel Energie, so mache ich heute etwas, was ich selten tue: Ich schlürfe ein Kohlenhydrat-Gel rein. Der Blutzuckerspiegel muss immer oben bleiben, nicht nur wegen der Leistung, sondern vor allem auch wegen der Konzentration auf den äusserst schwierigen Wegen. Es muss darum nun schnell gehen, sonst: No sugar – no brainfunction.
Reinhauen – oder so..
Heute konnte man aber endlich wieder mal richtig reinhauen. Im Ziel sagt mir Stefan, ein Läufer der Alpinrunners von Chur: „Ich wusste, das ist deine Etappe heute vom Gelände her. Hab’ gedacht, das du dich da richtig austoben kannst“. (Anmerkung: Die Wortwahl war nicht ganz so gepflogen, aber ich kann das hier nicht mit dem realen Wortlaut bringen – das Rauslassen hat aber auch was mit einem Tier zu tun…).
Gore-Tex und oberste Konzentration gefragt
Es war nass, matschig, rutschig und schlammig heute. Richtig gore-texig. Endlich mal wieder Kuhfladen auf dem Weg, das ist wie Heimkommen. Und ja, rutschig war es enorm auf dem alpinen Bergweg. Hoch rutschen wir immer wieder auf den Felsen aus. Runter wird’s nochmals eine Partie schmieriger. Es geht wirklich 1500hm das Loch runter und manchmal geht’s auf der Seite mehr als nur runter. Misstritte sind hier nicht nur unerwünscht, sondern würden wahrscheinlich nicht lebendig enden. Zuerst geht das Bergablaufen auf Steinplatten, später auf Bergwegtrails. Alles unheimlich rutschig. Kurt und ich sind sehr konzentriert, um keinen Fehltritt zu machen. Da hat nichts anderes Platz – kein einziger anderer Gedanke. Auch darum ist Trail Running so schön – abschalten total von allem anderen.
Health report Nr. 1: Wade mit Hundebehandlung
Meiner Wade geht es wieder sehr gut. Kein Asphalt und viel rauf laufen haben ihr Wohl getan. Klar ist sie noch nicht 100%, aber kein Vergleich zu gestern. Der Körper ist ein Wunder der Regeneration. Und tausend Dank dem Terrier.
Health report Nr. 2: ein gebrochener Finger
Und dann passiert’s doch: Mich hat’s ein paar mal fast hingeschmiert, aber nun rutscht Kurt auf einer Felsplatte aus. Im Ziel stellt sich heraus, dass Kurt sich den Finger beim Sturz ziemlich demoliert hat. Nun ist er gerade ins Spital zum Röntgen und Abklären. Er ist aber Walliser und hat einen „harten Grind“ (wenn der Finger nicht so angeschwollen wäre, hätte er lieber nichts gesagt). Zurück aus dem Spital hat er einen sauberen Euro-Spitalbericht, der besagt, dass der Mittelfingerknochen gebrochen ist. Kurt nimmt’s aber mit Gelassenheit. So the race can go on…
Noch zwei Etappen – und wieder mindert sich das Feld
Zwei Etappen bleiben noch an diesem GTR. Aber die werden noch ganz schön hart: Morgen nochmals ein Marathon mit 2800hm. Und wieder sind ein paar raus – u.a. heute die diesjährigen Leader der Mixed. Auch bei den Masters, den Männern sowie bei den Frauen hat’s mächtig gerauscht. Bei uns ist alles soweit ok – wir sind bereit für morgen. Bring it on.
Herzlichst,
Kurt und Fränzi
Tag 7: Antholz-Mittertal – Niederdorf im Pustertal
Freitag, 5. September 2008
Vertikaldistanz:
(2788 Höhenmeter im Aufstieg)
(2870 Höhenmeter im Abstieg) wurde um 800hm gekürzt
Horizontaldistanz:
(42.195 Kilometer) wurde um 7km gekürzt
Unsere Laufzeit:
4 Std. 07′ (Total 32 Std. 58′)
Tages-Rang: 7 (Mixed Teams)
Total-Rang: 6 (Mixed Teams)
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Liebe Leserinnen und Leser,
Alles fing so schön an
Die heutige Etappe fing richtig gut an: Nach kurzem Einlaufen standen 1200hm im Anstieg an. Auf einem genial schönen Weg mit einer gewalts Aussicht später oben. Der Weg runter hat auch wieder seine Tücken, da der Morgentau Steine und Gras in eine Rutschbahn verwandeln. Aber unsere Salomon-Schuhe haben ein super gutes Profil und so meistern wir auch diese Hürde. Kurt’s gebrochener Finger macht ihm keine Umstände – er rennt ja zum Glück mit den Füssen und nicht mit den Händen und die Schmerzen sind ihm noch erträglich.
Schön, einfach schön – das versuche ich auch weiter zu geben
Das Laufen nach oben auf dem Bergweg ist einmal mehr saumässig schön. Mich friert’s manchmal während des Laufens über die Gefühle, die über einem kommen können: Es ist nicht nur die Bewegung, sondern auch die umgebende Natur, die sich so intensiv erleben lässt. Genau diese Faszination versuche ich in meinen Laufkursen (und Bikekursen) an meine Kunden weiter zu geben. Oder auch die Nachwuchsathleten im Ski- und Langlaufbereich im Unterengadin oder anderen AthletInnen, die ich betreue: Freude an Bewegung und an der Natur zu haben. Denn ich bin überzeugt: Nur wer auch anstrengende Bewegung und das Naturerlebnis geniessen und es mit einer gewissen Leichtigkeit tun kann, hat das Potential erfolgreich zu werden. Die Natur gibt unheimlich viel Kraft. Und die Berge besonders.
Die Nerven liegen blank – aber nicht bei uns
Bei einigen Teams geht’s aufgrund der Ermüdung und Erschöpfung langsam ziemlich ruppig zu und her. Krisenmanagement ist da nach meiner Beobachtung ein Fremdwort. Offene Kommunikation ebenso. Hier kommt die zweite Disziplin des GTRs: Das Teamleben und der Umgang mit seinem/r LaufpartnerIn. Da gibt’s so alles. Und vieles, wo ich nur noch staune, dass es das auch gibt. Unter Belastung kommen die wahren Seiten hervor. Und da kann die Harmonie schnell in Zwist oder sogar in gegenseitiges Runtermachen übergehen. Und dann geht gar nichts mehr. Die Nerven liegen blank bei so vielen. Bei Kurt und mir läuft’s da sehr gut: Wir sprechen offen miteinander, jeder sucht sich auch seinen Raum nach dem Rennen und tun Wichtiges gemeinsam. Die Zusammenarbeit im Team ENAGDIN SCUOL – LAUFSCHULE SCUOL funktioniert da bestens.
Die Verpflegung – unser Laufteam-Paradebeispiel
Nach den letzten 7 Lauftagen verstehen Kurt und ich uns da 100% und ohne viel Worte: Wenn ich etwas esse, dann kommt nach einigen Sekunden von der Seite die Wasserflasche. Ich bin da super verpflegt durch Kurt. Und das ist enorm, extra-enorm viel wert beim GTR. Am Verpflegungsposten geht’s folgendermassen in unserem Team-Play ab: Die offizielle Verpflegung wird angelaufen: Kurt fragt: Wie immer, Wasser? Ich: Ein Nicken. Kurt: Stengel? Ich: Ja, die rosa farbenen. Während Kurt die Flaschen füllt, habe ich noch Zeit, um eine Banane oder ein Stück Kuchen oder sonst was zu greifen. Kurt holt sich auch sein Gewünschtes. Gegessen wird wieder im vollen Laufschritt. So ist der ganze Zauber am Verpflegungsposten in einer halben Minute durch.
Abstieg mit Überraschung
Doch nach dem Abstieg mündet der Singletrail in eine breite Fortstrasse. Und die geht lange runter. Zu guter letzt vor dem Talboden kommt dann auch noch Asphalt. Es wird unseren Muskeln nichts geschenkt. Aber es sollte doch noch einmal richtig hoch gehen?
„Gipfel-Cut“
Den Gipfel, den wir heute hätten erklimmen sollen (als 2. Anstieg) wurde vom Streckenchef herausgenommen. Die Begründung liegt in den ev. angekündigten Gewittern. Aber mich dünkt dies nur zweitrangig: Der Läuferpulk ist total ausgepowert. Selbst die Spitzenläufer der Männer der ersten zwei Etappen traben heute auf den ersten Kilometern mit Kurt und mir mit. „Beine leer“ ihre Antwort. Für Kurt und mich ist der Entscheid schade. Wir wären gerne hoch gelaufen, aber ich verstehe die Entscheidung der Organisation: Zu gross ist die Verantwortung, dass in der totalen Übermüdung was wirklich Blödes passieren könnte.
Den Rest der Etappe kann ich somit schnell abhandeln: Strassen, Asphaltwege und auf einem ellenlanger Forstweg wieder hoch. Man wünscht sich ein Mountainbike herbei… Also überhaupt nicht Kurt’s und mein Gelände, aber wir haben ein flottes Tempo drauf.
Zwei Strategien mit Schmerzen umzugehen
Die eine Strategie ist: Schön langsam laufen, dann sind die Muskelschmerzen erträglicher, aber das ganze dauert halt einfach länger. Die zweite: Schneller, dann sind zwar die Schmerzen heftiger, aber alles ist dann auch schneller vorbei. Für uns gilt heute Nr. 2. (ausser steil abwärts)
Lauftechnik gegen Langeweile
Im so ewig langen Anstieg, merke ich, dass es mir unheimlich langweilig wird: Kein Challenge durchs Gelände, keine Aussicht, keine Action. Als wir durch die Dörfer gerannt sind, habe ich versucht, ein wenig die Architektur der Häuser zu studieren. Aber ich bin ehrlich, das Pustertal ist oben herrlich, aber architektonisch geben die alten Engadiner Häuser bei weitem mehr her fürs Auge…. Da ist also auch nichts mit Unterhaltung. Nun konzentriere ich mich auf die Lauftechnik: Auf meine, und die der anderen – was es denn so alles gibt. So versuche ich, mit einem ökonomischen Laufstil die Zeit zu vertreiben. Und das wirkt.
Die geben’s uns aber wirklich – Strategien um warm zu bekommen
Wir hatten’s schon mal – von den kalten Duschen. Heute waren sie zwar nicht kalt, aber nur mit einem Shuttlebus in einem Fussballclub erreichbar. Das Wasser war so lauwarm, aber die Garderobe selbst mehr als kalt. Da es schon im Ziel angefangen hatte zu regnen, friere ich nun ziemlich in der Garderobe. Zurück im Shuttlebus, der ins Camp fährt, ist es herrlich warm. Ich überlege mir einfach ein paar mal mit dem Shuttelbus hin- und herzufahren…. Die zweite Variante ist der Schlafsack: Home sweet home für eine Woche. Meine Isomatte und mein Schlafsack sind wirlich mein „Cosy Home“ während diesen acht Tagen.
Campleben – in a very Scottish way
Kurz nach meiner Rückkehr ins Camp – siehe da – das Wetter hat erbarmen: Der Himmel lichtet sich und die Sonne blinzelt hervor. So nehme ich mein mobiles Heim (eben Isomatte und Schlafsack) und lege mich vor dem Athletencamp in die wärmende Sonne. Kurz danach stösst eine Gruppe von Schotten zu mir. Da wir gerade am Ende der Laufstrecke stationiert sind, kommen noch immer LäuferInnen ins Ziel rein. Die Schotten haben eben ihren speziellen Humor und so lach ich mir bald fast den Bauch weg. Plötzlich erscheint ein weiteres schottisches Team, welches zur Gruppe gehört und sich dem Ziel laufend entlang des Baches nähert. Als sie bei uns vorbei rennen, ruft der eine aus unserer Gruppe „Buddy, the showers are cold, don’t hurry!“ Der Läufer: „Cold?! Mate, are you crazy or what – I am stumbling here through the mountains and there is no hot water?“ Eine Schottin aus der Gruppe: “Buddy, if you would be a real man, you would jump in the river beside you!…” No comment – just too classic… Das können nur Schotten unter sich.
Und nun kommt er – der letzte Tag
Morgen wird er sein: Der letzte Tag dieses GTRs. Noch einmal die Tasche am Abend packen, noch einmal alles durchchecken. Es war eine lange, harte Woche. Aber Sexten ist nicht mehr fern. Trotzdem heisst es für Kurt und mich: Überlegt und in unserem Rhythmus angehen. Die Fehler passieren oft in letzter Sekunde. Wir sind auch heute sehr bedacht abwärts gerannt. Unsere Gesundheit ist uns wichtig. Wichtiger als Sekunden oder Minuten. So machen wir es auch Morgen. Auf dem Weg nach Sexten ins Ziel.
Herzlichst,
Kurt und Fränzi
Tag 8: Niederdorf im Pustertal – Sexten
Samstag, 6. September 2008
Vertikaldistanz:
2120 Höhenmeter im Aufstieg
1969 Höhenmeter im Abstieg
Horizontaldistanz:
33.88 Kilometer
Unsere Laufzeit:
5 Std. 05′
Tages-Rang: 7 (Mixed Teams)
Schluss-Rang: 6 (Mixed Teams)
Totale Laufzeit: 38 Std. 03′
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Liebe Leserinnen und Leser,
Vorfreuden
Heute Morgen bin ich ziemlich früh um 4 Uhr erwacht. Das war´s dann mit Schlafen. Vielleicht war es die Anspannung für die letzte Etappe von heute oder vielleicht auch die Vorfreude, da es nochmals richtig in die Berge gehen sollte – und dann auch endlich ins Ziel nach Sexten. Beim Aufwachen hatte ich auch ein wenig Halsweh, ziemlich sicher vom Frieren gestern nach der Dusche (ich hätte also doch ein paar Mal mit dem Bus-Shuttle hin- und herfahren sollen…) – aber sicherlich auch ein Zeichen des Körpers, dass er langsam müde ist.
Hammer-Etappe zum Schluss
Die heutige Laufetappe war landschaftlich ein Hochgenuss, ein Traum: lange Anstiege, voll hinein und hoch und ab in die Berge. Die Dolomiten. Der Kracher. Mir wird ganz anders bei dieser Landschaft. Anders sind aber auch meine Beine: die sind denn nun langsam wirklich müde. Bei den beiden langen Aufstiegen geht es ganz gut, aber beim Runtergehen merke ich nun definitiv die Anstrengung der letzten 7 Tage. Und in dieser Etappe gibt´s keine Schonung. Sie verlangt uns nochmals alles ab. So muss ich ein letztes Mal beim Downhill meine ganze Konzentration zusammen nehmen, denn das Gelände ist äusserst ruppig und geröllig. Aber einmal soweit für hier: Alles ist bei Kurt und mir fein, ganz und heil runter gekommen.
Freiheit – schier endlos und überwältigend
Was treibt einem dazu, 8 Tage lang, 300km und mit 16’000 hm durch die Gegend zu rennen? Zusammengefasst für mich: Kurz – die Freiheit. Zu Fuss aus eigener Kraft, wohin man will. Und das geht. Und zwar so ziemlich gut. So ziemlich überwältigend gut.
Angekommen…
IHR WOLLT ES DOCH ENDLICH WISSEN: SIND WIR ODER SIND WIR NICHT? ANGEKOMMEN?? JA, WIR SIND. Und zwar gesund, glücklich, zufrieden und erfüllt. Ich lass das einfach mal ganz kurz so stehen. Es drückt alles aus, was ich im Moment des Zieldurchlaufes empfunden habe.
… nicht nur im Ziel
Dieser GTR war für Kurt und mich eine Reise. Eine ziemliche anstrengende eigentlich. Eine Reise, die wir zusammen unternommen haben, aber auch jeder von uns auch ein Stück weit allein. Mit sich. Für sich. Und jeder von uns ist wo angekommen. Aber es geht auch weiter. Und eines weiss ich: Mich haut so schnell nichts um – weder körperlich, noch geistig.
Ruhe suchen
Nach dem Zieleinlauf und vielen emotionalen Umarmungen mit all den anderen LäuferInnen suche ich einen Moment das Weite. Auf einem Feld nahe dem Zielgelände finde ich sie: Die Ruhe. Ausblick auf die drei Zinnen, die mit ein paar Wolken verhangen und stolz dastehen. Das mit der Ruhe und der Kraft hat was. Definitiv.
Viel leisten – aber mit Verstand und Herz
Wie es mir geht? Eigentlich gut – das eigentlich bezieht sich auf die Müdigkeit und die Muskeln, die nun leer sind. Wenn ich sonst so um mich herumschaue, gibt es viele ziemlich üble Bilder, was die Gesundheit vieler LäuferInnen betrifft: Die Tranensäcke bis zu den Ellenbogen gehen ja noch. Der leicht gekochte Ausdruck auch noch. Der eckige Gang ebenso. Aber da gibt es Füsse, die ähneln keinen Füssen mehr: Eine einzige offene Blase. Oder Tape vom Fussgelenk bis zum Schulterblatt. Oder der Ermüdungsbruch. Ich will mich gar nicht mehr auslassen. Ich habe viel von meinem Körper verlangt an diesem GTR. Ziemlich viel sogar. Denn ich bin wegen der Arbeitslast in den letzten Monaten eigentlich mit fast leeren Batterien hier an den Start gekommen. Ich habe aber immer die Grenze gespürt, bis wo ich gesundheitlich gehen kann oder darf mit meinem Körper. Es ist schier unglaublich, was wir so leisten können, wenn Eigenwahrnehmung und Kopf sitmmt. Ich bin gesund, munter und es fehlt mir an nichts. Im Gegenteil: Ich komme mir gerade unglaublich reich vor.
Again Top Ten
Kurt und ich sind unser Rennen gelaufen. Und sind unseren Weg gegangen. Dies hat uns wieder in die Top Ten laufen lassen, wie letztes Jahr. Diesmal im stärker besetzten Feld als letztes Jahr sogar auf Rang 6. als bestes Schweizer Mixed Team.
Alle KursteilnehmerInnen der Laufschule Scuol haben gefinisht
Alle LäuferInnen, welche dieses Jahr an einem Vorbereitungskurs für den Transalpine Run teilgenommen haben sind als Finisher in Sexten eingelaufen. Herzliche Gratulation an Vera, Angela, Lydia, Anni, Henry, Franz und Thomas. Ihr seid saustark gelaufen und seid weit mehr als Finisher. Unglaublich toll, was ihr geleistet habt. Ich freu mich wahnsinnig für euch.
Ein riesengrosses Danke an
Die Sponsoren des Teams ENGADIN SCUOL-LAUFSCHULE SCUOL: Salomon Schweiz, Engadin Scuol Tourismus, Reiffeisen/Scuol, Fratschöl SA/Scuol, Hatecke Engiadina, Meierbeck/Sta. Maria, Müstair, Hotel Traube/Scuol, Sarsura Stickerei/Zernez, Sport Engiadina/SCUOL – ohne sie wäre diese Teilnahme am GTR 2008 gar nicht möglich gewesen. Danke an diese grosszügigen Unternehmen mit Affinität zum Trail Running und Berglaufsport.
Gianna Rauch: Ohne sie hätte ich die Organisation neben der Arbeit nicht hinbekommen. Ein Juwel der Organisation.
Meine Familie und Freunde: Sie halten mich aus – mit Arbeit und Training und oft mit zuwenig Zeit für sie.
Meinen Freund: Er hält noch viel mehr aus.
Dem Laufparadies Unterengadin: Eines der schönsten Laufgebiete für das Trail Running und Berglaufen, das ich kenne.
Asco: Mein bester Trainingspartner.
… und dann natürlich an Kurt: Wir haben diese 8 Tage.ziemlich was durchgemacht miteinander. Ich bin stolz auf unseren Teamgeist. Auf unsere Leistung. DANKE, einfach Danke.
Nun geht’s ab zum Feiern
Es gäbe noch 100 Erlebnisse, Anekdoten, Geschichten und Erlebtes, was ich Euch gerne geschildert hätte. Einige davon gibt es am Montag unter „die Tage danach“. Denn morgen reise ich zurück ins Engadin – und unterwegs gönne ich mir einen Halt irgendwo in einer heissen Sauna mit noch heisserer Dusche. Mit den Kaltwasserduschen reicht’s jetzt. Und nun geht’s ab zum Feiern.
Post Scriptum GTR 2008: Der Berg
Das Laufen in den Bergen gehört zu einem der wunderschönen Dingen in meinem Leben. Es ist nicht nur schön da rüber zu laufen, wenn sie einem lassen (heute haben die Berge bei den drei Zinnen uns gelassen). Es ist auch unbeschreiblich schön, einfach bei Ihnen zu sein. Und ein chinesisches Sprichwort drückt aus, was ich heute wieder einmal erlebt habe. Frei verändert von mir besagt es: „Ich laufe am Berg, bis der Berg und ich nur noch Berg sind“.
Herzlichst,
Kurt und Fränzi
Die Tage danach
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Die “9. Etappe”
Nach Siegesfeier, den Bildern und Filmen der Woche (noch einmal kommt beim Zusehen alles hoch, was Kurt und ich die 8 Tage so durch erlebt hatten – und trotzdem kommt es mir noch nicht als ganz real vor, dass wir angekommen sind) konnte der DJ seinen Platz einnehmen. Ihm wurde im Vorfeld mitgeteilt, dass es sich bei den Gästen um Läuferinnen und Läufer handeln würde, die gerade 300km und 16’000hm gerannt waren. So war dessen Motivation nicht sonderlich gross, da er einen Haufen übermüdeter Langweiler erwartete, die sich nicht einmal vom Stuhl erheben würden. Dieser DJ sollte noch sein blaues Wunder erleben. Denn nun folgte die 9. Etappe.
Zappeln ohne Ende – aber mit einer gewissen Äquivalenz
Beim letztjährigen GTR gingen die Tanz-Eskapaden auch bis spät nachts. Aber da die diesjährige Ausführung ja um einiges länger war, haben sich die Tanzstunden auch demnach passend verlängert. Wenn Ihr glaubt, dass die Transalpine Runner „Party-Pooper“ sind, dann kann ein gewisser Irrtum vorliegen. Genauso irrte am Abend der DJ, der GTR-Feier. Denn getanzt wurde von einigen eingefleischten GTR-Runnern bis nach 3h morgens. Aber vollgas. Die Laufendorfine wirken immer noch nach. Es ist fast unheimlich, diese Energie, die da nochmals frei wird, wenn man realisiert, über die Ziellinie gelaufen zu sein. „Natural high“ – Zappeln, bis das Herz im Leibe lacht und tanzt. So ungefähr war’s.
Guter Entscheid
Ich hatte überlegt, mir für die letzte Nacht ein Pensions- oder Hotelzimmer zu gönnen. Kurt hatte am Samstag schon eine Verabredung mit seiner Partnerin und nahm so den Weg am Abend ins Wallis in den Angriff. Ich tat gut daran, es mit dem Zimmer nicht zu tun, denn die Zeit reichte für das Frühstück nach halb Sechs am Morgen gerade einmal, um den Schlafsack anzuwärmen.
Heimkehr von den Bergen in die Berge
Am Frühstück verabschiedet man sich dann mit schwerem Herzen, von den wieder getroffenen LäuferInnen oder neu kennen gelernten. Es gibt einige unter ihnen, die vergisst man nicht – deren Bekanntschaft ist zu wertvoll. Sodann ergattere ich mir eine Mitfahrgelegenheit mit einem Journalisten bis nach Innsbruck und wir tauschen uns nochmals über den eben erlebten GTR aus. Spannend auch seinen Blickwinkel kennen zu lernen. Ein guter Freund hat sich anerboten, mich im Anschluss in Innsbruck abzuholen und nach Scuol heimzufahren. Als die Lischana, der San Jon und der Piz Ajüz dort auftauchen, weiss ich, dass ich zu Hause bin. Es ist definitiv: Der GTR ist vorüber.
Regeneration I: Einheimischem Hirsch sei Dank
Also, ich liebe Pasta. Überalles. Aber nach 8 Tagen Pasta reicht’s dann mal kurz. Am Tag nach dem Rennen habe ich unglaublich Lust auf Fleisch (aus ethischen Gründen esse ich auch nicht sehr viel, aber wenn, dann qualitativ hochstehendes und v.a. regionisch produziertes mit artgerechter Tierhaltung – wie dies von Hatecke. Darum überhaupt nichts gegen Vegetarier – finde ich völlig ok „ohne“). Aber heute: 450 Gramm geräuchertes Hirschtrockenfleisch aus einheimischen Gefilden– dem Spender sei Dank und ich verspreche hier dem betreffenden Hirsch hoch und heilig, dass ich jeden Bissen himmlisch genossen habe.
Regeneration II: Sprudeln im Engadiner Bergherbst
Nach einem Bärenschlaf im eigenen Bett, geniesse ich kleine Luxuriositäten wie: Nicht Anstehen fürs WC, oder: Kaffee, oder Zeitunglesen (was ist denn eigentlich passiert während der Zeit auf Planet GTR?) oder: keine vom Morgentau nassen Laufsachen anziehen zu müssen. Aber ich bin ehrlich: Es hat auch etwas Seltsames an sich. Irgendwie fehlt er eben doch, der GTR. Es wird einige Tage dauern, bis ich langsam herunterfahren kann. Zu intensiv waren die Erlebnisse auf verschiedenster Ebenen. Am Nachmittag zieht es mich trotz voll überladener und wartender Büroarbeit ins Bogn Engiadina Scuol und lasse mich dort im beginnenden Bergherbst bei strahlendsdem Wetter durchsprudeln. Beste Erholung für müde BergläuferInnen. Was für eine Wohltat, mein Körper lechzt danach.
Laufparadies Scuol und Nationalparkregion
Ich bin mir sicher, dass dies auch ein Grundstück für den geglückten GTR war: Das gut durchdachte Training (vgl. „die Tage davor…“) sowie die Berglandschaft rund um Scuol und in der Nationalparkregion, die für das Trail Running und das Mountain Running wie gemacht ist: Trails über Stock und Stein von unheimlicher Wildheit und Schönheit. Ich bin mir sicher, ein Stück Paradies vor der Haustür zu haben. Und wer einmal ein Hauch davon erleben möchte, dem kann ich einen Lauf- oder Berglaufkurs der Laufschule Scuol nur empfehlen…
Trail Running Material-Testbericht von Salomon
Auf dieser Homepage ist ein ausführlicher Testbericht über das von uns am GTR verwendete Laufmaterial (Kleider, Rucksäcke, Schuhe) entstanden. Wir waren da draussen und haben ohne Wenn und Aber getestet.
Der Organisator des GTR: Plan B
Plan B ist wieder einmal ein Kränzchen zu winden: Es ist unglaublich, was dieses Organisations-Team auf die Beine stellt und uns Läufern das Leben so angenehm macht, wie es eben neben dem Laufen nur geht. Die Mädels und Jungs sind wirklich gut. Probiert’s doch mal aus…
Danke an alle…
… die mir während des GTRs gemailt, SMS geschrieben oder einfach nur an mich gedacht haben. Ihr ward eine grosse Unterstützung. Nun bleibt mir hier nur noch, mich von Euch zu verabschieden. Ich hoffe, Ihr konntet von den staubigen Trails, der klaren Bergluft und von den transalpidischen Zeiten etwas aus den Zeilen mitnehmen. Mich würd’s freuen.
Ich grüsse Euch ein letztes Mal ganz herzlichst,
Eure Fränzi
Und hier noch die versprochenen „Best of GTR 2008“
- Ein Südtiroler Läufer, der vor Schmerz fast nicht mehr gehen kann fragt mich nach Tag 6: „Soag mal, hoast’ denn koane Probleme mit Sehen und Bändern?“ Ich verneine. „Na Madele, hoast denn Drahtseile doa drin?“
- Food Nr. I: Rohschinken-Käse-Schinken- Sandwich: Als ich mir dieses am 2. Tage am Frühstücksbuffet zubereite, lächelt mein Nachbar: Aha, also noch nichts von „Sportsfood“ gehört? Ich lächle zurück: „Ja, aber sicher“. Ich beisse bei KM 39 von 48 gerade genussvoll im Laufschritt in dieses besagte Sandwich. Der Zufall will es, dass derjenige Läufer gerade auf gleicher Höhe ist und einen verklebten Sportriegel herunterwürgt. Ab Tag 3 sehe ich ihn ein Sandwich am Frühstücksbuffet zubereiten.
- Food-Nr. II: Was ich denn so esse am GTR werde ich immer wieder gefragt. Denn ich habe wiederum überhaupt keine Probleme mit dem Magen. Also während des Rennens: Das Sandwich nach KM 30 kennt ihr nun ja. Normalerweise dazu ein Kohlenhydratgetränk Trockenfrüchte und Nüsse und Wasser. In der Not, wenn nichts anderes da ist auch mal ein Stengel. Wenn’s besonders heiss ist habe ich eine kleine Dose mit Himalya-Salz mit mir, wovon ich immer wieder eine Prise nehme. Nach dem Rennen im Ziel in der Reihenfolge (bitte wegsehen, wer Diät macht): Wasser, Wasser, alkoholfreies Bier, Wasser, Salzstengel, 1-2 Sandwich, 6-10 Stück Wassermelone, Apfelschnitze und Birnen, 1 frische Waffel mit Nutella, Schüttelbrot mit Käse, Wasser, Kuchen und zum Abrunden ein paar Gummi-Bärchen. Nachher kommt das Nachtessen. E Guete. (Ich konnte übrigens mein Gewicht während des GTRs bis auf höchstens 1-2 Kilos Verlust halten – was gar nicht so einfach ist, kann ich Euch sagen).
- Food(Hygiene)-Nr. III: Ich muss zuerst so anfangen: Der Unterschied, wenn Frauen und Männer draussen „outdoor“ ihre Blase entleeren. Wie soll ich es sagen? – wir Frauen fassen nichts an. So, laufe ich an einem der ersten Lauftage einem Verpflegungsstand entgegen und renne an einem Läufer vorbei, der eben gerade seine Blase erleichtert. Am Verpflegungsstand angekommen, taucht der gleiche Läufer auch auf, wischt sich mit dem Handrücken noch den Rotz von der Nase und wühlt dann herzhaft in der Nuss-Rosinenmischung (es könnten ja noch bessere unten sein). Ich entscheide mich gerade, dass ich heute auf die Nüsschen verzichte. (Anm.: Dieser Hygiene-Zustand wurde von der Organisation bemerkt und fortan wurde der Tutti-Frutti-Mix in Becherportionen abgegeben. Man/frau dankt.)
- Puristisch: Wiederum habe ich am GTR nur meinen Höhenmesser dabei. Sonst nichts. Die Pulsuhr bleibt zu Hause. Ich verlasse mich auf mein Gefühl. Wieviel ich „pushen“ kann, wann ich die Bremse einlegen muss. Hat bestens funktioniert. Jeder/Jedem seine Laufphilospohie, aber ich staune trotzdem, wenn einige LäuferInnen mit Puls-Verbrennungs-Richtige Zonen-Kalorienangabekontrollgerät, Höhenmesser multifunktional, GPS und Laufschrittmesser wie Weihnachtsbäume behangen aussehen.
- Einige Müsterchen von Nico (dem Strecken-Sanitäter auf dem Bike) – Herr der kommunikativen Motivationspsychologie, um uns Läufer anzufeuern: Die Steine wegspitzen, es krachen lassen, die Hacken geben, reinhauen, es stäuben lassen, Vollgutzi geben, wegdonnern…
- Style: Kennt Ihr diese auch schon, diese Kompressionssocken. Sollen zur Regeneration helfen (zur Unterstützung der Venen und des Lymphsystems – ist wirklich ganz gut, aber eigentlich ja nichts Neues). Auch ich habe so ein paar Socken. Vor ca. 5 Jahren hätte man sich fast nicht getraut, damit ins eigene Badezimmer zu laufen. Heute: Total in im Ausdauersport. Fancy. Stylish. On the street. Nach dem Rennen gehe ich dann einmal in ein Restaurant und trage Shorts, diese weissen Kompressionskniesocken und hellblaue Crocks. Ich gehe am Stammtisch vorbei und ich sehe bei den der dort Sitzenden die Frage im Gesicht, wo man mich denn losgelassen hat.
- Ein Einheimischer („E“) in Sexten: „Noa, wo kommend’s denn ihr her?“ Ich („F“): „Von Ruhpolding.“ E: „Oha, mit dem Zug und wandern und so?“. F: „Nein, gerannt“. E staunt: „Joa, aber oa langer Weg und da stehen jo Berge dazwischen“. F: „Richtig“. E: „Soann’s denn narrisch?“ –ich vermute, ja, ein wenig schon. Aber gut war’s.